Ziel der Energie-Politik in der Gemeinde ist es , möglichst viel der im
Gemeindegebiet benötigten Energie durch Sonnenenergie bzw. durch nachwachsende
Energieträger bereitzustellen. Das hat viele Vorteile: Komfort und
Versorgungssicherheit nehmen gegenüber konventionellen Energiequellen zu, das Geld, das
für Energie ausgegeben wird, bleibt im Ort bzw. in der Region. Daß auch die Umwelt davon
profitiert, ist klar: Energieträger, die keinen Kohlen-Dioxid-Ausstoß verursachen (z. B.
Sonnenenergie) bzw. deren CO2-Bilanz neutral ist (wie bei Biomasse), leisten keinen
Beitrag zum Treibhaus-Effekt. Zusätzlich werden durch den Ersatz von
Einzelheizungsanlagen durch Nahwärme-Werke viele Schadstoff-Emissionen vermieden.
Zu diesen vielen Vorteilen tritt noch ein weiterer hinzu: Durch die gestiegene
Unabhängigkeit steigt das Selbstvertrauen in der Bevölkerung. Ein Ort, der früher im
Grenzland zum ehemaligen Ostblock beinahe "vergessen" wurde, lebt wieder auf.
Worauf basiert nun das Kautzener Energiekonzept (vgl. auch z. B. die Zeitschrift
"Ökoenergie", Nr. 21/95)?
Die umweltfreundlichste und z. T. auch kostengünstigste Energie ist jene, die nicht
verbraucht wird. Die Gemeinde organisierte daher viele Informationsveranstaltungen über
das Energiesparen, wie z. B. über die richtige Wärmedämmung. Durch solche und ähnliche
Maßnahmen kam dem örtlichen Gewerbe allein aus diesem Titel ein Investitionsvolumen von
ca. fünf Millionen Schilling zu, welches von der örtlichen Bevölkerung in die
Althaussanierung gesteckt wurde.
Auslöser für die Aktivitäten, die die örtlichen Bauern setzten, war der Neueinbau
einer Heizungsanlage in der Hauptschule des Ortes. Die Schule wurde ursprünglich mit
Strom beheizt, was nicht gerade umweltfreundlich ist, da diese Energie im Winter
hauptsächlich aus kalorischen Kraftwerken stammt. Außerdem entstanden enorme Heizkosten,
die in manchen Wintern S 300.000,-- ausmachten.
So schlossen sich 20 Bauern zu einer Genossenschaft zusammen und versorgten die
mittlerweile gut wärmegedämmte Hauptschule, eine neueVolksschule und eine ebenfalls neu
errichtete Veranstaltungshalle mit umweltfreundlicher Wärme aus einem
Biomasse-Heizkessel. Alle drei Gebäude zusammen werden heute mit demselben Energieeinsatz
beheizt, wie früher die alte Hauptschule alleine. Mittlerweile versorgt die bäuerliche
Genossenschaft 98 Haushalte bzw. öffentliche Gebäude mit Fernwärme.
Seit 1991 fördert die Gemeinde Kautzen den Einbau von Sonnenkollektoren. Es werden 25%
der Anschaffungskosten bis max. S 10.000,-- übernommen. Derzeit gibt es in Kautzen 60
Solaranlagen zur Warmwasserbereitung und einen riesigen Luftkollektor mit 450 m2 Fläche,
der für die Trocknung des Hackgutes verwendet wird.
Vor kurzem wurde noch mit dem Bau eines Pflanzenöl- BHKWs
begonnen. Dieses Block-Heiz-Kraftwerk ermöglicht es, mit Hilfe eines speziellen Motors,
des Elsbett-Motors, unverestertes, reines Pflanzenöl zur Energie- und Stromerzeugung zu
verwenden. Durch den Wegfall des Veresterungs- Vorganges (wie z. B. beim Biodiesel) kann
viel Prozeßenergie, die meist fossil bereitgestellt wird, eingespart werden. Energie aus
Pflanzenölen trägt auf diese Weise nicht zum Treibhauseffekt bei.
Dieses Kraftwerk wird mit Rapsöl aus der Gemeinde betrieben. Bisher mußten die Bauern
ihren Raps zu einer großen Preßanlage bringen, wo dieser chemisch verpreßt wurde. Den
Preßkuchen, der als Schweinefutter verwendet wird, mußten sie wieder zurückkaufen.
Heute wird in der Gemeinde gepreßt, der Preßkuchen ist jetzt kostenlos, die gesamte
Wertschöpfung bleibt im Ort.
Sollte das Blockheizkraftwerk den Erwartungen entsprechen, was von niemandem mehr
bezweifelt wird, sollen in weiterer Folge auch die Traktoren und landwirtschaftlichen
Geräte auf Elsbett-Motoren umgestellt werden.
Über 10.000 Besucher, acht Minister und Staatssekretäre haben die Kautzener
Maßnahmen schon bewundert. Damit aber auch anderen Menschen die Erfahrungen weitergegeben
werden können, wurde vor kurzem der Verein "Energiewerkstätte Nördliches
Waldviertel" gegründet. Außerdem veranstaltet die Gemeinde jährlich den
sogenannten "Österreichischen Biomassetag", der heuer bereits zum vierten Mal
abgehalten wurde.
Die Gemeinde Kautzen ist ein gutes Beispiel dafür, daß "Energiepolitik von
unten" funktionieren kann. Da kann man nur hoffen daß viele Gemeinden, diesem guten
Beispiel folgen werden! |