Die Sage vom Furchenmännlein

Es gibt viele Sagen über die Burg Rappottenstein, die bekanntesten sind die von den Brüdern Hadmar und Albero von Kuenring, die durch Eifersucht zu Feinden geworden, einander töteten und seither im Grabe keine Ruhe finden, oft hört man noch in dunklen Nächten ungestümen Lärm wie von Waffengeklirr und Schwertstreichen; vom unterirdischen Gang, der von Rappottenstein bis Arbesbach geführt haben soll; vom Schatz, den die Brüder Hadmar und Heinrich von Kuenring aus der herzoglichen Schatzkammer ausWien geraubt und auf der Burg versteckt haben sollen; von dem beim Burgbau verwendeten Mörtel, welcher mit Blut angerührt worden sein soll und von den armen Gefangenen, welcher im Hungerturm zwischen Schlangen und Ungeziefer elendiglich umkamen.

Eine besonders schöne Sage wird aus der näheren Umgebung der Burg erzählt. Als vor vielen, vielen Jahren ein Bauer mit seinem Pflug Furchen in den Acker zog, bemerkte er plötzlich ein kleines, kaum fußhohes Männlein, welches zwischen den aufgeworfenen Schollen hin- und hersprang und bald hier, bald dort, etwas zu finden schien. Gar herzlich mußte er über die drolligen Sprünge des Männchen lachen. So zog der Bauer Furche um Furche und das Männchen hinterdrein. Endlich war der Bauer mit seiner Arbeit fertig. Als er nachdem Kleinen blickte, sah er ihn blitzschnell hinter der letzten Furche verschwinden. Der Bauer schwieg gegenüber jedermann über sein seltsames Erlebnis.

Als er im Herbst wieder mit seinem Gespann auf seinem Acker pflügte, sprang hinter der ersten aufgeworfenen Scholle wieder das Erdgeistchen hervor. Der Mann freute sich wieder über den emsig suchenden Wicht und ließ ihn gewähren. Als der Bauer mit seiner Arbeit fast fertig war, da kam ihm ein lustiger Gedanke. Er dachte bei sich: "An dir, kleiner Wicht, will ich einmal ein Späßchen erleben!" und zog seinen Pflug in weitem Bogen um das Feld bis zu der Stelle, wo er zu ackern begonnen hatte. Als nun das Männchen entlang der Furche immer und immer wieder im Kreis herumlief, konnte sich der Bauer nicht mehr beherrschen und lachte aus vollem Halse. Verdutzt sah das Männchen empor und erkannte, daß es überlistet worden war.
Da wurde das Zwerglein aufeinmal riesengroß. Zornesröte und wilder Grimm entstellten sein Gesicht und furchtbar drohend erklang seine Stimme: "Du armer Menschenwurm, nicht ungerächt soll es bleiben, daß du mit mir Schabernack treibst. Ein Glück für dich, daß du außerhalb des Furchenkreises stehst, sonst wäre es um dich geschehen!" Darauf stürzte er sich auf den Bauern und verabreichte ihm eine arge Tracht Prügel. Schließlich verschwand der Erdgeist und hat sich seit dieser Zeit nie mehr gezeigt. Mit dem Glück desBauern war es von nun an zu Ende. Er kam um all sein Hab und Gut und wurde zum Bettler.


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